Der
Wirtschaftsweise Professor
Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz (Jahrgang 1944) war
bislang nicht unbedingt als Sozialpopulist aufgefallen. Erst
kürzlich, am 8.3.2005, äußerte er sich im
Deutschlandfunk kritisch zu keynesianischen Konjunkturprogrammen:
„Diese Konjunkturprogramme à la Keynes, die haben
wir ja nun gehabt, denken Sie an Ostdeutschland, denken sie
an unsere ganzen Exporterfolge, das waren ja letztlich auch
Konjunkturprogramme und die haben in diesem Sinn ja nichts
gebracht [...]. Ein zusätzliches Konjunkturprogramm würde
ja wieder eine zusätzliche Verschuldung bedeuten und
wiederum noch mehr die Maastricht-Kriterien verletzen.“
Doch
in den letzten Wochen scheint Franz sich bei seinem Weisenkollegen,
dem Hardcore-Keynesianer Peter Bofinger, infiziert zu haben.
Gegenüber der „Welt“
forderte Franz eine Strafgebühr für „Jobvernichter“.
Und mit Jobvernichter meinte Franz, der auch Präsident
des staatlich alimentierten ZEW
(Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) ist,
mitnichten Gewerkschafter, Bürokraten und Politiker,
sondern diejenigen Unternehmer, die Mitarbeiter entlassen.
Sein Vorschlag: Unternehmen mit hohen Entlassungsraten sollen
mit höheren Beträgen zur Arbeitslosenversicherung
belastet werden.
Damit
scheint Franz in den Chor derer einzustimmen, die glauben,
dass Unternehmer ihre Mitarbeiter nur so zum Spaß oder
aus Menschenverachtung entlassen oder deswegen, weil es grundsätzlich
eine direkt proportionale Relation zwischen Unternehmensgewinn
und Mitarbeiterentlassung gebe. Nach dieser verqueren Logik
müsste eine Firma, die auf ein 1-Mann-Unternehmen heruntergeschrumpft
ist, den größtmöglichen Gewinn einfahren,
da sie keinerlei Mitarbeiter mehr am Hals habe.
Die
Einsicht, dass ein Unternehmer genau dann aus betriebswirtschaftlicher
Vernunft neue Leute anstellen muss, wenn er Gewinne macht
und expandiert und gleichzeitig die Kosten für Rationalisierungen
nicht geringer sind als die Anstellung neuer Arbeitskräfte,
scheint auf deutschen Wirtschaftsprofessorstühlen weitgehend
in Vergessenheit geraten zu sein. Dass in Deutschland im Vergleich
zu den allermeisten westlichen Industrieländern die Kosten
für neue Arbeitskräfte die Kosten für Rationalisierung
bei weitem übersteigen würden, bewirkt indes, dass
es sich selbst bei konstant steigenden Unternehmensgewinnen
hierzulande in sehr vielen Fällen immer noch nicht lohnt,
neue Arbeitskräfte anzustellen. Und die hohen Lohnkosten
sind politikgemacht, sie sind die Folge von Flächentarifverträgen,
Kündigungsschutz und vor allem der horrenden Sozialabgaben.
Jetzt
die Unternehmer für ihre betriebswirtschaftliche Vernunft
zu bestrafen, würde die Entlassungsspirale eher beschleunigen
und die Arbeitslosenrate erhöhen. Erstaunlich, dass der
scheinbare Anti-Keynesianer Franz diesen Zusammenhang nicht
sehen will und – angesichts entsprechender Umfragen
politisch durchaus wohlfeil – in das Anklagelied gegen
die Unternehmer einstimmt, als wollte er sogar Lafontaine
sozialpopulistisch überholen. Aber vielleicht war ja
alles nur ein Versehen, und Franz hatte sich nicht in seiner
Eigenschaft als Wirtschaftsweiser, sondern als Wirtschaftswaise
geäußert.
Links:
Welt-Gespräch
mit Franz
Arbeit
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